US-amerikanisches Erbrecht

Wir beraten Sie in Fragen rund um das amerikanische Erbrecht. Dies umfasst die Feststellung Ihrer erbrechtlichen Ansprüche aufgrund eines Testaments oder einer gesetzlichen Erbfolge („wills and testaments and intestate succsession“) und deren gerichtliche Durchsetzung („estate litigation“) oder Begleitung eines gerichtlichen Nachlassverfahrens („probate“) und die Korrespondenz mit Nachlassverwaltern („personal representatives“), Testamentsvollstreckern („executors of the estate“), Behörden und Banken.

Das amerikanische Erbrecht unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht vom deutschen Erbrecht. Selbst innerhalb der USA gibt kein einheitliches Recht, sondern zum Teil stark voneinander abweichende Regelungen in den einzelnen Bundesstaaten, wobei 18 der 50 Staaten den Uniform Probate Code (UPC) übernommen haben. Unterschiede zum deutschen Recht finden sich beispielweise bei den Vorschriften über die wirksame Errichtung eines Testaments (handschriftliches Testament v. „Zeugentestament“), bei der gesetzlichen Erbfolge, aber auch beim erbrechtlichen Verfahren (Erbscheinverfahren v. „probate“). Wir beantworten Ihre Fragen zum amerikanischen Erbrecht unter Berücksichtigung der bundesstaatlichen Besonderheiten.

Weiterführende Informationen:

US-amerikanisches Erbrechtsverfahren – speziell: kalifornisches Erbrecht

Ausgangslage

Ist ein Erbfall mit Berührungspunkten zu den USA eingetreten – beispielweise wenn ein dort ansässiger Verwandter verstorben ist – oder möchte man im Hinblick auf einen eigenen Wohnsitz in den USA oder auf dort vorhandene Vermögenswerte erbrechtliche Vorsorgeregelungen treffen – etwa durch Errichtung eines Testaments – so stellt sich zunächst die Frage, welches nationale Recht auf den jeweiligen Sachverhalt anzuwenden ist. Diese Frage ist nach den einschlägigen Vorschiften des Internationalen Privatrechts (IPR) zu beantworten, wobei jeder Staat seine eigenen Regeln betreffend die Wahl des anzuwenden Rechts hat. Aus amerikanischer Sicht ist beispielsweise – anderes als im deutschem Recht, wo das „Nationalitätsprinzip“ gilt – Anknüpfungspunkt für die Anwendbarkeit örtlichen Rechts der letzte Wohnsitz des Erblassers („residence“ bzw. „domicile“), was das bewegliche Vermögen (z.B. Bankguthaben, Wertpapiere, Schmuck, Bargeld, etc.) betrifft. Für Grundeigentum gilt als Anknüpfungspunkt der Ort der belegenden Sache. Hinterlässt ein Erblasser beispielsweise ein Haus in Kalifornien, so werden die dortigen Behörden und Gerichte automatisch kalifornisches Recht anwenden, und zwar sowohl was die Durchführung eines erbrechtlichen Verfahrens („probate“) betrifft, als auch die materiell-rechtlichen (inhaltlichen) erbrechtlichen Vorschriften, z.B. hinsichtlich der gesetzlichen Erbfolge.

Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich auf das in Kalifornien geltende Recht – California Probate Code (CPC).

Das erbrechtliche Verfahren – Probate

Das sogenannte „Probate-Verfahren“ ist ein gesetzlich in den meisten Erbfällen vorgeschriebenes gerichtliches Verfahren, in dem die vorhandenen Nachlassgegenstände ermittelt und deren Wert festgestellt wird, sowie etwaige Forderungen gegen den Nachlass („creditor claims“) geprüft und befriedigt werden. Wesentlicher Zweck des Verfahrens ist es, sodann die Erben („heirs“) oder sonstigen Berechtigten („beneficiaries“) aufgrund letztwilliger Verfügung („will“) oder gesetzlicher Erbfolge („intestate succsession“) zu ermitteln und schließlich den Nachlass an diese zu verteilen.

Ein wesentlicher Unterschied zum deutschen Erbrecht besteht darin, dass der Nachlass („estate“„estate“) als eigenständige Rechtspersönlichkeit angesehen wird, auf die die Erben keinen unmittelbaren Zugriff haben. Ein Erbschein wie im deutschen Recht, der die Erben zu Verfügungen über den Nachlass berechtigen würde, wird nach kalifornischem Erbrecht nicht erteilt. Vielmehr wird im Rahmen des Probate-Verfahrens vom Gericht ein Vertreter für den Nachlass bestellt („personal representative“), der als eine Art Nachlassvollstrecker- oder Verwalter die oben beschriebenen Aufgaben unter Aufsicht und Kontrolle des Nachlassgerichts wahrnimmt. Sofern der Erblasser testamentarisch einen Testamentsvollstrecker („executor of the estate“) bestimmt hat, wird dieser, sofern er dazu bereit und in der Lage ist, zum personal representative ernannt. Hat der Erblasser ein Testament errichtet ohne darin einen Testamentsvollstrecker zu benennen oder ist er ohne Testament verstorben, so wird das Gericht als personal representative einen nahen Angehörigen einsetzen („appointment of administrator of the estate“ bzw. „administrator of the estate with the will annexed“).

Zuständig für das Verfahren ist das Gericht am Ort des letzten Wohnsitzes des Erblassers, unabhängig davon, wo er verstorben ist. Jeder, der einmögliches Interesse oder ein möglichen Anspruch auf den Nachlass hat („any interested person“), kann die Eröffnung eines Probate-Verfahrens beantragen.

Folgende Nachteile eines Probate-Verfahrens sind zu nennen:

– lange Verfahrensdauer
in den meisten Fällen dauert es mindestens ein Jahr, bevor es zur Verteilung der Nachlassgegenstände an die Erben kommt.

– hohe Kosten
die mit einem Probate-Verfahren verbundenen Kosten sind erheblich und werden im Wesentlichen durch die gesetzlich festgesetzten Gebühren für den personal representative und dessen anwaltliche Vertreter verursacht. So stehen dem personal representative für seine „gewöhnliche Tätigkeit“ („ordenary services“) folgende, nach dem Wert des Nachlasses gestaffelte Pauschalgebühren zu:

  • 4 % des Wertes bis $ 100.000,00 zu, sowie
  • 3 % des darüber hinausgehenden Wertes bis $ 200.000,00 sowie
  • 2 % des darüber hinausgehenden Wertes bis $ 1 Million sowie
  • 1% des darüber hinausgehenden Wertes bis $ 10 Millionen sowie
  • 0,5 % des darüber hinausgehenden Wertes bis $ 25 Millionen

Für „außergewöhliche Tätigkeiten“ („extraodinary services“), etwa bei Prüfung von steuerrechtlichen Fragen, kann das Gericht eine weitere Gebühr festsetzen. Zusätzlich zu diesen Gebühren fallen für den Rechtsanwalt des personal representative noch einmal Gebühren in gleicher Höhe an.

– kein Schutz der Privatssphäre
Das Probate-Verfahren ist öffentlich, d.h. ein Schutz der Privatsphäre des Erblassers oder seiner Erben findet nicht statt. Alle beim Nachlassgericht eingereichten Unterlagen, wie etwa solche, die den Wert des Nachlasses oder die berechtigten Personen betreffen, sind für jedermann frei zugänglich.

Vorteile des Probate-Verfahrens:

– Rechtsklarheit und Rechtssicherheit
Die Nachlassgerichte sind auf die Abwicklungen von Nachlässen spezialsiert und haben große Erfahrung auf diesem Gebiet. Gerade in Fällen, in denen unklar ist, welche erbrechtlichen Ansprüche bestehen, kann die Feststellung dieser mit der kompetenten Hilfe des Nachlassgerichts wesentlich erleichtert werden.

– Transparenz
Die Öffentlichkeit des Verfahrens, die einerseits als Nachteil angesehen werden kann, bringt insofern auch Vorteile mit sich, als dass sich interessierte Parteien durch Einsicht in die Gerichtsakten einen Überblick über den jeweiligen Stand des Verfahrens verschaffen und über den Bestand des Nachlasses und etwaig vorhandener Ansprüche informieren können. Die Transparenz des Verfahrens wird auch dadurch gefördert, dass den möglichen Anspruchsberechtigten Ausfertigungen von allen prozessualen Dokumenten (z.B. Anträge, Schriftsätze, Terminsbestimmungen, etc.) zuzustellen sind.

– Kontrolle des Nachlassvollstreckers, Möglichkeit der Testamentsanfechtung
Die Tätigkeit des personal representative unterliegt (in der Regel) der strengen Kontrolle des Gerichts. Auf diese Weise wird Missbräuchen, Betrügereien und Unterschlagungen vorgebeugt, wenn diese auch nicht ausgeschlossen werden können. Auch ist es möglich, die Formwirksamkeit seines Testaments im Rahmen des Probate-Verfahrens überprüfen zu lassen, oder es mit der Begründung, es sei durch Betrug („fraud“) oder „unzulässige Einflussnahme“ („undue influence“) zustande gekommen, anzufechten.

Probate oder Trust?

Sofern keine entsprechenden Vorkehrungen getroffen worden sind, besteht, wenn der Erbfall einmal eingetreten ist, oft keine Wahlmöglichkeit hinsichtlich der Durchführung oder Nichtdurchführung eines Probate-Verfahrens. Es ist in vielen Fällen zwingend vorgeschrieben (Ausnahme u.a. „transfer of small estate without administration“, siehe unten). Es besteht jedoch die Möglichkeit, das Probate-Verfahren angesichts der oben genannten Nachteile durch Errichtung eines „Trust“ nach kalifornischem Recht zu umgehen. Ein Trust (auch „living trust“ genannt) ist eine rechtlich und wirtschaftlich eigenständige Vermögensmasse, bei der ein Treuhänder („trustee“) das Vermögen des „Trustgebers“ („grantor“) zugunsten eines Berechtigten („beneficiary“) – oft der oder die Trustgeber selber – verwaltet.
Vermögenswerte, die zu Lebzeiten einem Trust übertragen werden, sind vom Probate-Verfahren ausgenommen. Auch die Errichtung eines Trusts ist mit Kosten verbunden, kann aber unter Umständen kostengünstiger und auch unter anderen Gesichtspunkten vorteilhafter sein als ein Probate-Verfahren. Ob es sinnvoll ist, einen Trust zur Vermeidung eines Probate-Verfahrens zu errichten, ist nicht pauschal zu beantworten, sondern hängt von den persönlichen Bedürfnissen und den Umständen des Einzelfalles ab.

Nachlassabwicklung ohne Durchführung eines Probate-Verfahrens

Collection or Transfer of Small Estate without Administration

Sofern der Wert des Nachlasses $ 150.00,00 nicht übersteigt, besteht für die Erben oder sonstigen Berechtigten die Möglichkeit, auch ohne Durchführung eines Probate-Verfahrens auf den Nachlass beziehungsweise einzelne Nachlassgegenstände zuzugreifen. In der Praxis ist dies insbesondere bei der Abwicklung von Konten des Erblassers bei Banken von Bedeutung. Es ist hierfür erforderlich, dass der oder die Anspruchssteller eine eidesstattliche Versicherung („affidavit“) des Inhalts abgibt/abgeben, dass er/sie alleinige(r) Rechtsnachfolger des Kontoinhabers ist/sind, und dass der Wert des Nachlasses $ 150.00,00 nicht übersteigt. Die Einzelheiten des gesetzlich vorgeschriebenen Inhalts des affidavits ergeben sich aus § 13101 CPC. Viele Banken verwenden den gesetzlichen Vorgaben entsprechende eigene Vordrucke und bestehen auf deren Verwendung.

Weitere Ausnahmen, in denen Vermögenswerte unmittelbar und ohne Durchführung eines Probate-Verfahrens auf die Berechtigten übergehen können, sind z.B. sog. „accounts payable on death“ (P.O.D.), das sind Bankkonten, bei denen ein Begünstigter für den Todesfall benannt ist, oder, beim Grundeigentum die Rechtsform „joint tenancy“ (with right of survivorship), eine Form des Miteigentums, bei der im Falle des Todes eines Miteigentümers dessen Anteil automatisch auf den/die anderen Eigentümer übergeht.

Hinweis

Die vorstehenden Ausführungen dienen lediglich der allgemeinen Information und stellen keine Rechtsberatung dar. Diese ist nur im Einzelfall unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände möglich. Trotz sorgfältiger Recherche kann eine Gewähr für die Richtigkeit und Aktualität der Informationen nicht übernommen werden. Sie sollen einen Überblick über einige Aspekte des US-amerikanischen Zivilprozessrechts geben und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Bei Fragen zum amerikanischen Zivilprozessrecht wenden Sie sich unbedingt an eine(n) auf diesem Gebiet spezialisierte(n) Rechtanwalt(in).